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Friedhofsträger muss wegen Sturz eines Besuchers Schmerzensgeld zahlen

Aktuelle gerichtliche Entscheidungen zur Verkehrssicherungspflicht

Justitia-Statue mit verbundenen Augen und Waage in der Hand

Das Landgericht Trier hat in einem aktuellen Urteil einem trauernden Angehörigen für einen schmerzhaften Sturz auf einem Friedhof ein Schmerzensgeld zugesprochen. Der Friedhofsträger wurde verurteilt, an den Geschädigten 1.250,00 € Schmerzensgeld zu zahlen und Rechtsanwaltskosten in Höhe von 220,27 € zu erstatten.

Der 83-jährige Kläger hatte mittags, an einem Sonntag im Juli 2020 das Grab seiner Mutter aufgesucht. Das Grab ist nur über schmale mit Platten belegte Wege zu erreichen. Die verlegten Platten weisen an den Kanten teilweise Höhenunterschiede von 2-3 cm auf. Hinweisschilder oder sonstige Gefahrmarkierungen waren zum damaligen Zeitpunkt nicht vorhanden. Als der Kläger den Friedhof wieder verlassen wollte und sich mit einer Drehung vom Grab seiner Mutter abwendete, blieb er an der Kante zwischen zwei Platten wegen des Höhenunterschieds von 2-3 cm hängen und stürzte zu Boden. Ausweislich des dem Gericht vorgelegten medizinischen Berichts wurde eine Prellung des Beckens, der rechten Schulter sowie der rechten Rippen diagnostiziert. Der Geschädigte musste dann in der Folgezeit noch mehrmals wegen anhaltender Schmerzen, vor allem in der rechten Rippen- und Hüftregion, einen Arzt aufsuchen.

Aus diesem Grund forderte der Kläger mit anwaltlicher Unterstützung von dem Friedhofsträger einen Geldbetrag als Genugtuung für die erlittenen körperlichen Beeinträchtigungen. Da der Friedhofsträger dies ablehnte, reichte der Geschädigte eine Schadensersatzklage ein. Der Friedhofsträger beantragte jedoch, die Klage abzuweisen, stellte aber zumindest zeitnah ein Hinweisschild mit der Aufschrift „Achtung Stolpergefahr“ an der Unfallstelle auf.

Das LG Trier entschied nach der mündlichen Verhandlung zu Gunsten des Klägers, dass ihm ein Anspruch auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes in Höhe von 1.250,00 € sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 220,27 €, gemäß §§ 823 Abs. 1, 249 Abs. 1, 253 Abs. 2, 254 Abs. 1 BGB, zustand. Denn der Friedhofsträger hatte die ihm obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt, weil auf dem Friedhof zwischen den Gräbern die Höhenunterschiede von 2-3 cm zwischen den teilweise schräg aufliegenden Gehwegplatten und die hierdurch entstandenen Kanten, nicht beseitigt wurden.

Das LG Trier stellte klar, dass der Friedhofsträger grundsätzlich verpflichtet war, notwendige und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um eine Schädigung von Besuchern des Friedhofs möglichst auszuschließen. Der Friedhofsträger war deshalb verpflichtet, die Gehwege zwischen den Gräbern zum Schutz der Friedhofsbesucher frei von Unebenheiten, Kanten und erheblichen Höhenunterschieden der Gehwegplatten anzulegen und in diesem Zustand zu erhalten. Zwar muss ein Fußgänger Unebenheiten auf Wegen in einem gewissen Umfang hinnehmen. Ein Friedhofsträger muss im Rahmen seiner Verkehrssicherungspflicht jedoch Gefahren ausschließen, die auch für einen aufmerksamen Fußgänger nicht ohne weiteres erkennbar sind (so bereits OLG Koblenz, Urteil v. 26.07.2018, Az. 1 U 149/18; OLG Zweibrücken, Urteil v. 26.01.2022, Az. 1 U 209/20). Ein Höhenunterschied von 2-3 cm zwischen auf einem Gehweg verlegten Platten stellt durchaus eine Gefahr für Passanten dar und ist vom Verkehrssicherungspflichtigen zu beseitigen. Somit hatte der Friedhofsträger schuldhaft seine Verkehrssicherungspflicht verletzt und war dem geschädigten Kläger zum Schadensersatz verpflichtet.

Quelle: LG Trier, Urteil v. 04.07.2023, Az. 11 O 33/22

 

Hinweis: Das Oberlandesgericht Hamm erließ im September 2023 einen Hinweisbeschluss zu einer Schadensersatzklage wegen des Sturzes einer Besucherin auf dem Gehweg eines Friedhofs. Das OLG Hamm bestätigte in diesem Fall, dass die Verkehrssicherungspflicht eines Friedhofträgers sich auf Friedhöfen auf sämtliche Wege zu den Gräbern, auf die Anlagen um die Gräber und auf die Gräber selbst erstreckt. Geringe Unterschiede in der Höhe des Belages der Gehwege sind zwar von Besuchern hinzunehmen. Der Friedhofsträger muss aber solche Gefahren ausräumen und erforderlichenfalls vor ihnen warnen, die für Benutzer nicht erkennbar sind. Scharfkantige Niveauunterschiede auf asphaltierten, plattierten oder gepflasterten Gehwegen bis zu 2 cm, so das OLG Hamm, sind für Fußgänger grundsätzlich als zumutbar anzusehen. Erst eine Überschreitung dieser Grenze verpflichtet den verkehrssicherungspflichtigen Friedhofsträger dazu die Gefahr zu beseitigen, da für scharfkantige Höhenunterschiede über 2 cm für Fußgänger eine Sturzgefahr entsteht.

Quelle: OLG Hamm, Beschluss v. 06.09.2023, Az. 11 U 137/22